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Wie Beeinflusst Cannabis Eine Bipolare Störung?
Cannabiskonsum ist bei Patienten mit bipolarer Störung beliebt, aber erst in letzter Zeit wurden verstärkt Studien durchgeführt, die feststellen sollten, ob Cannabis Potenzial für die Behandlung dieser Krankheit besitzt.
Inhaltsverzeichnis:
Bipolare Störung ist eine gut untersuchte psychische Erkrankung, mit deren Verständnis allerdings viele Nicht-Betroffene Probleme haben. Obwohl Medikamente und Psychotherapie die primären Behandlungsformen für diese Krankheit darstellen, erforschen Wissenschaftler zunehmend die Auswirkungen von Cannabis auf die verschiedenen Formen der bipolaren Störung zu bemessen.
WAS IST EINE BIPOLARE STÖRUNG?
Eine bipolare Störung manifestiert sich in vier Ausprägungen, wobei aber allen Varianten bestimmte Eigenschaften gemein sind. Auch als manisch-depressive[1] Störung bezeichnet, besteht das Hauptmerkmal dieser Krankheit aus Perioden von ungewöhnlich hoher Energie und Ekstase, auch bekannt als Manie. Umgekehrt sind extreme Niedergeschlagenheit, Müdigkeit und Hoffnungslosigkeit Anzeichen für ein weiteres Symptom: Depressive Episoden.
VIER AUSPRÄGUNGEN
Die angesprochenen Ausprägungen sind wie folgt: Bipolar I ist das, was einige fälschlicherweise für die einzige Variante dieser Krankheit halten. Diese Ausprägung ist durch anhaltende Perioden der Manie charakterisiert, die mehr als eine Woche dauern. Patienten, bei denen Bipolar I diagnostiziert wurde, erleben auch depressive Episoden, was von einem Tag zum nächsten zu dramatischen Stimmungsschwankungen führt. Bipolar I kann den Alltag unglaublich behindern und in einigen Fällen Krankenhausaufenthalte erfordern.
Bipolar II wird vorwiegend durch ausgedehnte depressive Episoden bestimmt. Obwohl Patienten dieser Ausprägung gelegentlich auch mit manischen Episoden zu kämpfen haben, zeichnet sich ihr Zustand mehr durch fortgesetzte "negative" Stimmungen, Mangel an Energie und verminderte Fähigkeit der Alltagsbewältigung aus.
Zyclothymia[2] ist die dritte Kategorie der bipolaren Störung und betrifft Einzelpersonen in einer weniger profilierten und deutlichen Weise als die vorigen zwei. Diese Art ist charakterisiert durch anhaltende Perioden von hypomanischen und depressiven Verhaltensweisen, die nicht unbedingt die Stärke der vollen manischen oder depressiven Episoden erreichen.
Die vierte und letzte Ausprägung der bipolaren Störung umfasst alle anderen spezifizierten und unspezifizierten Formen dieser Krankheit, die von Experten diagnostiziert wurden.
WIE CANNABIS INS SPIEL KOMMT
Da Cannabis verstärkt als medizinisch vorteilhaft eingeschätzt wird, ist es nur recht und billig, dass Forscher und Ärzte darüber nachdenken, wie Cannabinoide sich auf eine bipolare Störung auswirken – ob verbessernd oder zu Verschlechterungen führend. Was die Behandlung von Hirnstörungen angeht, wurde Cannabis zwischen den Forschungsrichtungen hin- und hergeworfen und sowohl als vorteilhaft, als auch nachteilig bewertet. Dies ist in erster Linie auf die schwarzgemalte Natur der Substanz und ihre historischen Konnotationen als medizinisch nutzlos zurückzuführen.
EINE PALETTE ÄLTERER ERKENNTNISSE
Es gab einige vorläufige Studien zum Thema Cannabis und bipolare Störung, von denen die meisten mit relativ wenigen Teilnehmern durchgeführt wurden. Eine neue Studie[3], die an der Lancaster University (UK) durchgeführt wurde, versammelte vierundzwanzig Patienten mit bipolarer Störung, die mindestens dreimal pro Woche Cannabis einnahmen. Bei der Studie kam die Experience Sampling Methode (ESM) zum Einsatz, bei der die Probanden ihre Ergebnisse mittels Tagebucheinträgen über einen Zeitraum von sechs Tagen notierten. Jeder beobachtete, wie Cannabis seine manischen und/oder depressiven Episoden beeinflusste.
Letztendlich waren die Ergebnisse dieser Studie nicht eindeutig. Die Forscher kamen zu dem Schluss, dass die manischen und depressiven Symptome einiger Teilnehmer durch den Cannabiskonsum zunahmen, wohingegen die meisten Patienten positive Effekte erlebten und es wahrscheinlich eher zum Vergnügen einnahmen und nicht als Medizin. Die offensichtlichen Fehler rund um diese Studie sind die kleine Stichprobengröße und das Fehlen einer Kontrollgruppe, was es schwierig macht, allgemeine Trends für eine größere Patientenanzahl abzuleiten.
THC KONTRA CBD
Bei der Durchführung von Studien zu Cannabis in der Behandlung von bipolaren Störungen müssen die Forscher die Unterschiede zwischen den Einnahmemethoden berücksichtigen. In Abhängigkeit von der Art des eingenommenen Cannabis' können die wissenschaftlichen Erkenntnisse durch fehlende Vergleichbarkeit zwischen den einzelnen Studien verzerrt werden. Zum Beispiel werden bipolare Patienten, die Cannabiskonzentrate mit extrem hohen THC-Werten rauchen, wahrscheinlich mehr ungünstige Stimmungsreaktionen erleben als diejenigen, die CBD-reiche Cannabissorten inhalieren.
Dies liegt darin begründet, dass THC bei einigen Nutzern bekannterweise akute Ängste und Paranoia auslösen kann, wohingegen CBD effektiv die negativen Auswirkungen der psychotropen Symptome einzudämmen vermag. Ebenso ist es wichtig, die Art der Sorte zu berücksichtigen, d.h., ob es sich um Sativa, Indica oder eine Kreuzung handelt. Jede wird im Einzelfall, sowie im größeren Maßstab unterschiedliche Ergebnisse produzieren. Das Fehlen einer umfassenden wissenschaftlichen Würdigung verschiedener Methoden der Cannabiseinnahme erschwert es, die notwendige Einheitlichkeit zwischen den Stichproben zu erhalten.
LÖST CANNABIS EINE BIPOLARE STÖRUNG AUS?
Obwohl man herausgefunden hat, dass Cannabis vorübergehend die Symptome einiger psychiatrischer Erkrankungen imitieren[4] kann, gibt es keine Hinweise darauf, dass Cannabiskonsum chronische Hirnstörungen oder psychische Erkrankungen verursacht. Bei bipolaren Patienten hängt die Wirkung von Cannabis von der jeweiligen Ausprägung der Erkrankung, sowie vom Konsumverhalten des Betroffenen, dessen Größe bzw. Gewicht und anderen Einflussfaktoren ab.
Forscher, die argumentieren, dass Cannabis bei der Behandlung einer bipolaren Störung von Vorteil ist, konzentrieren sich auf die Auswirkungen von Cannabinoiden auf das menschliche Endocannabinoid-System[5]. Beim Konsum von Cannabis binden Cannabinoide wie THC an Endocannabinoid-Rezeptoren in verschiedenen Körperteilen, die als CB1 und CB2 bekannt sind und können potenziell Effekte der Stimmungsstabilisierung fördern.
Eine Studie, die 2010 an der Universität Oslo, Norwegen, durchgeführt wurde, testete 133 bipolare Patienten mit Hinblick auf die Auswirkungen von Cannabis auf neurokognitive[5] Funktionen. Die Ergebnisse waren ermutigend und man folgerte, dass es tatsächlich Belege für die Theorie gibt, für deren Bestätigung es aber noch zusätzlicher Forschung bedürfe.
CANNABIS FÜR MANIE KONTRA DEPRESSION
Bipolare Patienten konsumieren mehr Cannabis als der Durchschnitt[6], was weitgehend ihren Wunsch reflektiert, Depressionen zu lindern oder aus einer manischen Episode herauszukommen. Während einige anekdotische Studien Patienten gefolgt sind, deren Manie durch die sedativen Effekten[7] von CBD und THC ausgemerzt wurde, verwenden andere es in depressiven Perioden, um mit der erhebenden, euphorischen Empfindung den Depressionen entgegenzutreten.
DIE SCHLUSSFOLGERUNG?
Die Schlussfolgerung, die aus der aktuellen Forschung zu Cannabis bei bipolaren Patienten zu ziehen ist, lautet, dass es einfach nicht genug überzeugende Studien gibt, um definitiv sagen zu können, ob es bipolare Patienten effektiv behandeln kann. Während gezeigt werden konnte, dass es Angstsymptome und Manie anregen kann, verwenden viele Patienten Cannabis nicht als Medikament, sondern für ihren persönlichen Genuss, wenn sie gerade keine Episode durchleben. Cannabis bietet eine breite Palette von medizinischen Möglichkeiten und könnte in der nahen Zukunft sehr gut zu einem der Schlüssel zur natürlichen Gesunderhaltung der Psyche werden.
- NIMH » Bipolar Disorder https://www.nimh.nih.gov
- The Relationship between Bipolar Disorder and Cannabis Use in Daily Life: An Experience Sampling Study http://journals.plos.org
- Cannabis-Induced Bipolar Disorder with Psychotic Features https://www.ncbi.nlm.nih.gov
- Introduction to the Endocannabinoid System - NORML - Working to Reform Marijuana Laws http://norml.org
- Opposite Relationships Between Cannabis Use and Neurocognitive Functioning in Bipolar Disorder and Schizophrenia - PubMed https://www.ncbi.nlm.nih.gov
- The Relationship between Bipolar Disorder and Cannabis Use in Daily Life: An Experience Sampling Study https://www.ncbi.nlm.nih.gov
- SAGE Journals: Your gateway to world-class journal research http://journals.sagepub.com