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Was ist die Reefer Madness und woher kommt sie?
Obwohl sich die Cannabisprohibition in vielen Ländern dem Ende zuneigt, betrachten viele Menschen die Pflanze nach wie vor aus einer nicht evidenzbasierten Perspektive. Unbewusst wird ihre Sichtweise auf Cannabis noch immer von der Propaganda des letzten Jahrhunderts beeinflusst. Erfahre mehr über die Geschichte der Reefer Madness.
Inhaltsverzeichnis:
Cannabis gehört zu den kontroversesten Pflanzen der Welt. Während es sich durch seine psychoaktiven Effekte von vielen anderen Pflanzenarten unterscheidet, wurde sein Ruf durch die bösartige Propaganda aus der Zeit vor fast einem Jahrhundert geschädigt. Erst jetzt beginnt die Pflanze, ihr zweifelhaftes Image abzulegen. Zu dieser Propaganda zählt der Kultfilm „Reefer Madness“, der als einer der bizarrsten und realitätsfernsten Filme gilt.Lies weiter, um mehr über die Geschichte der Cannabisprohibition und die Hysterie der Reefer Madness zu erfahren.
Wann begann die Cannabishysterie?
In einigen Teilen der westlichen Welt wird die Cannabisprohibition momentan gelockert; Länder wie Malta und Luxemburg haben zum Beispiel den Eigenanbau legalisiert. Solche Fortschritte schienen vor einigen Jahren noch dem Reich der Fiktion anzugehören und viele Länder auf der ganzen Welt bestrafen Bürger, die Cannabis anbauen, besitzen und konsumieren, noch immer. Doch das war nicht immer so. Mehrere Länder haben Cannabis in der Vergangenheit willkommen geheißen – und den Anbau der Pflanze sogar angeordnet.
Die historische Verwendung von Cannabis erstreckt sich über mehrere Kulturen. Zum Beispiel wird es im heutigen Indien von den Hindus als psychoaktive Pflanze genutzt und auch nomadische Skythen verwendeten Cannabis. In etwas jüngerer Vergangenheit ordnete[1] König Heinrich VIII. im frühen 16. Jahrhundert den vermehrten Anbau von Hanf als Industrieprodukt für den Schiffsbau an. Zwischen 1840 und 1900 war Cannabis in den Vereinigten Staaten nicht nur legal, sondern wurde als Arzneimittel verschrieben[2].
Wann wurde es also so drakonisch? In der Menschheitsgeschichte gibt es mehrere Fälle von Cannabisverboten. In der Neuzeit sind die Auswirkungen der Anti-Cannabishysterie, die im frühen 20. Jahrhundert in den USA herrschte, noch immer spürbar. In der sogenannten Reefer-Madness-Ära wurde eine Flut von Anti-Cannabispropaganda verbreitet, die den Weg für ein striktes Verbot ebnete und in den Köpfen vieler Menschen verzerrte Ansichten sowie irrationale Ängste schürte.
Doch bedenke, dass diese Zeit der sozialen Konditionierung zwar auch heute noch spürbare Auswirkungen hat, sie aber kein einmaliges historisches Ereignis war. Die ersten Beschränkungen[3] von Cannabis gab es bereits im 14. Jahrhundert in der islamischen Welt, als religiöse Führer den Konsum von Haschisch verboten, da sie der Ansicht waren, dass es einem moralischen Leben widerspricht. Als der Haschischkonsum so weit verbreitet war, dass Konsumenten ihn sogar in Moscheen rauchten, ordnete der Sultan der Ayyubiden an, Cannabispflanzen in Syrien zu entwurzeln und zu verbrennen.
1817 wurde das Cannabisverbot auch in Madagaskar im gesamten Merina-Königreich eingeführt, wo der König die Todesstrafe als Strafe für den Konsum der Pflanze verhängte. Auch in Brasilien (1830), Britisch-Singapur und 1870 in Natal (dem heutigen Südafrika) wurden Cannabisbeschränkungen eingeführt. Diese Beispiele sind nur ein paar Fälle von Cannabisverboten im Laufe der Geschichte – ein komplexes Phänomen, das in weiten Teilen der Welt bis heute anhält.
Von all diesen Fällen ist die Anti-Cannabishysterie der USA des frühen 20. Jahrhunderts heute noch am stärksten zu spüren. Sehen wir uns genauer an, was sich damals ereignete.
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Die „Marijuana Menace“: Die verunglimpfte Pflanze
Der reißerische Begriff „Marijuana Menace“ wurde von den Propagandisten der damaligen Zeit geprägt, um die Wahrnehmung von Cannabis in der amerikanischen Bevölkerung zu verzerren. Sowohl die Medien als auch die Politiker schürten Anti-Cannabiskampagnen und schufen eine moralische Panik, indem sie Cannabis, seine Nutzer und Auswirkungen auf unrealistische Weise darstellten.
Die Beweggründe für diese Rufmordkampagne gegen die Pflanze sind vielfältig. Die offiziellen Gründe für die Kampagne gegen Cannabis waren Bedenken hinsichtlich seiner Zusammenhänge mit Psychosen, der Erosion kultureller moralischer Werte und seiner Verbindung zu Verbrechen. Wenn man jedoch etwas tiefer gräbt, beginnen sich ziemlich verdächtige Verbindungen zu einem Netz zu verknüpfen, das wirtschaftliche, politische und rassistische Ziele umfasst.
Von allen Propagandisten, die mit der Beschmutzung des Images von Cannabis beauftragt waren, war Harry Anslinger der effektivste und schädlichste. Obwohl Anslinger Cannabis angeblich als relativ harmlos betrachtete, bevor er zum ersten Leiter des Federal Bureau of Narcotics ernannt wurde, änderte sich seine Meinung schnell und er wurde zu einem der Architekten des War on Drugs der Vereinigten Staaten. Nachdem er Anti-Cannabisartikel mit Titeln wie „Assassin of Youth“ (Mörder der Jugend) verfasst hatte, spielte Anslinger eine Schlüsselrolle bei der Verbreitung von Fehlinformationen über Cannabis, die oft von rassistischen Äußerungen gegenüber mexikanischen Migranten durchsetzt waren.
Manche mögen Anslingers Arbeit als nobel betrachten, da er eine Bewegung anführte, die die amerikanische Öffentlichkeit vor den Gefahren einer schädlichen Droge schützen sollte. Bei Betrachtung der wissenschaftlichen Evidenz ist klar, dass Cannabis in gewissem Maße schädlich[4] ist, einschließlich eines erhöhten Risikos für psychische Probleme bei manchen Menschen. Es hat jedoch den Anschein , dass Anslinger seine Rolle mit gewissen Hintergedanken ausführte, die von mächtigen Persönlichkeiten aus verschiedenen Bereichen beeinflusst wurden.
Anslinger pflegte eine berühmte Beziehung zu William Randolph Hearst, einem Medienmogul und Eigentümer mehrerer Papierfabriken. Aufgrund seiner wirtschaftlichen Investitionen betrachtete Hearst Hanf als eine Bedrohung für sein Papiergeschäft. Interessanterweise schrieb Anslinger mehrere Artikel für Zeitungen, die Hearst gehörten, darunter seine „Gore Files“-Serie, in der er schreckliche Taten dokumentierte, die angeblich von Konsumenten unter Cannabiseinfluss begangen wurden.
Aber Hearst war nicht der Einzige, der Hanf als Bedrohung ansah. DuPont, ein Petrochemie- und Kunstfaserriese, hatte zu dieser Zeit gerade eine Nylonfaser entwickelt, die in der Textil- und Seilherstellung direkt mit Hanf konkurrieren würde. Hinzu kam, dass die Vertreter der Alkohol-, Pharma- und Baumwollindustrie die Beseitigung ihrer pflanzlichen Konkurrenz befürworteten.
Wie wurde Cannabis 1937 verboten?
Nach einer unerbittlichen Anti-Cannabis-Propagandakampagne wurde das Schicksal von legalem Cannabis in den Vereinigten Staaten mit dem Marihuana Tax Act von 1937[5] vorerst besiegelt. Das Gesetz, das den Anbau, den Vertrieb und damit auch den Besitz von Cannabis beschränkte, führte zu hohen Schutzzöllen für Hanfhändler, die es ihnen praktisch unmöglich machten, im Geschäft zu bleiben.
Was war „Reefer Madness“?
Wenn man sich die Propaganda dieser Zeit ansieht, sticht „Reefer Madness“, der Film, der dieser Zeit ihren Namen gab, als eines der reißerischsten Werke hervor. Der 1936 produzierte und von einer kirchlichen Gruppe finanzierte Film ist ein abschreckendes Beispiel und Kultklassiker, der sich mit einer Gruppe von Drogendealern befasst, die Teenager in ihre Wohnung locken, um mit ihnen Cannabis zu rauchen. Die Handlung bringt den Cannabiskonsum mit einer Reihe von abscheulichen Handlungen in Verbindung, darunter ein Unfall mit Fahrerflucht, ein versuchter sexueller Übergriff und ein durch Halluzinationen entstandener Mord. Der Film suggeriert, dass der Konsum von Cannabis, selbst wenn es nur ein einziges Mal ist, zu kriminellen Handlungen und Abhängigkeit führen kann.
Ursprünglich wurde der Film in Gemeindezentren gezeigt, um die Zuschauer zu warnen, doch schon bald wurde er wegen seiner übertriebenen Darstellung der Gefahren von Cannabis kritisiert. Der Film hat jedoch sicherlich dazu beigetragen, dass viele Menschen Cannabis als gefährliche Droge betrachten. Bis heute erfreuen sich viele Cannabiskonsumenten an den ungewollt komischen und bizarren Szenen.
Der bleibende Einfluss der Cannabispropaganda
Ein Großteil der Cannabisverbote in der westlichen Welt ist auf den War on Drugs der USA zurückzuführen – eine Zeit, für die die Reefer-Madness-Ära die Grundlage schuf. In der heutigen Zeit haben viele Menschen eine verzerrte Sicht auf Cannabis, darunter hochrangige Politiker und Mediziner. Aufgrund mangelnder Aufklärung über das Thema betrachten sie es als eine Substanz, die viel gefährlicheren und abhängig machenden Substanzen ähnelt. Ihre Wahrnehmung ist nicht evidenzbasiert, sondern entspricht eher der Anti-Cannabisstimmung des frühen 20. Jahrhunderts in den USA.
Während die Prohibition von Deutschland bis Thailand weltweit an Einfluss verliert, entwickeln sich viele Länder nicht weiter und ignorieren die wissenschaftliche Evidenz. Während moderne Menschen erkennen, wie realitätsfern Filme wie „Reefer Madness“ sind, weiß nicht jeder genug über diese Pflanze, um diesen (wichtigen) Unterschied zu erkennen – auch nicht die politischen Machthaber.
„Reefer Madness“: Ein Kultklassiker, der nun Veränderungen bewirkt
Die Propaganda von „Reefer Madness“ hat den Ruf von Cannabis in den Augen vieler Menschen sicherlich geschädigt. Die Macher hinter der Botschaft zielten nicht nur auf Cannabis als psychoaktive Substanz ab, sondern auch auf nicht psychoaktiven Hanf, der einige industrielle Verwendungsmöglichkeiten hat. Die weltweite Reform der Cannabisgesetze zeigt jedoch, dass Cannabisbefürworter und -aktivisten dazu beitragen, wieder Fakten in die Politik einfließen zu lassen. Während die Wissenschaft dazu beiträgt, ein klareres Bild von den tatsächlichen Gefahren und Nutzen von Cannabis zu zeichnen, befreit sich die Welt allmählich vom Wahnsinn der Reefer Madness.
- Recent palaeoenvironmental evidence for the processing of hemp (Cannabis sativa L.) in eastern England during the medieval period - White Rose Research Online https://eprints.whiterose.ac.uk
- About Cannabis Policy | APIS - Alcohol Policy Information System https://alcoholpolicy.niaaa.nih.gov
- Hashish in Islam 9th to 18th century https://europepmc.org
- Is Marijuana Bad for Health? https://www.scientificamerican.com
- Marijuana Was Once a Legal Cross-Border Import? https://www.cbp.gov